Los: 626

Anna selbdritt, Niederbayern, 16. Jh.

Reste alter Farbfassung. H. 69 cm. Hand vom Kind fehlt, rest., rep.
Anna übernimmt als Standfigur, die Rolle als Beschützerin von Maria und dem Jesuskind und hat beide auf dem Arm. Der kleine Knirps auf dem Arm seiner Ahnherrin reicht Maria den Granatapfel.


Die Oma vom lieben Gott wird’s schon schaukeln, die bekannteste unter allen Großmüttern. Die Mutter Anna.


Anna Selbdritt heißt diese Darstellung vor der die Menschen des Mittelalters voll Vertrauen beteten. Alle – selbst Martin Luther in seiner Angst, vom Blitz erschlagen zu werden – wussten: Eine Frau, die vor dem lieben Gott nicht auf die knochigen Knie geht, sondern ihn darauf einen lustig-holprigen Platz einnehmen lässt, kann alles schaukeln. Die Frömmigkeit schuf großartige Bilder über die Größe der Großmutter Jesu.


Was ist das für ein Bub? Zunächst wie alle anderen: nah dran an der Oma, weil es da immer Geschichten oder Süßigkeiten gibt, manchmal Trost und manchmal auch Trost und Zuspruch, wenn Tränen fließen. Vater und Mutter müssen erziehen, die Oma muss in ihrem Alter gar nichts mehr und darf verwöhnen und trösten. Und wenn keiner mehr weiterweiß, hat sie immer den besten Rat, zu mindestens das letzte gute Wort.
Zur Zeit der Entstehung dieser Figur genießt sie weite Verbreitung als „devotio moderna“, moderne Frömmigkeit.


Annas Blick – wie alle, alle weisen Menschen ihres Alters, scheut sie sich nicht den Tod anzusehen, der in Jerusalem auf den Buben wartet. Aus dem Hause Davids kommt er und König ist er, aber sein Thron wird das Kreuz sein. Bei seinem Eintritt in die Welt hat es Gottes Sohn gewählt (Hebr 10, 5).


Der tote Stamm, das von den Römern besetzte Israel, das herrschaftslose Haus Davids bringt einen Spross hervor – Maria – und dieser treibt eine Blüte, die Frucht bringen wird Jesu.
Das ist Theologie des Herzens und fromme Kunst, die nie zu künstlicher Frömmigkeit verkommen kann. Mögen viele Bewunderer dieses Bildes von der "Oma des lieben Gottes" lernen, wie man mit dem Herzen sieht.
Alles andere schaukelt die hl. Anna.

Privatsammlung Ostbayern.

Zuschlag: 2.200 €

572 - Weihnachtsauktion 2022, 10. Dezember 2022
10. Dezember 2022 um 10:00