Los: 713

Jogltisch

Nordoststeiermark, 19. Jh. Untergestell Weichholz. Einschübig. Platte massiv Ahorn (Plattenstärke 4,5 cm). Min. rest. 80 x 128 x 123 cm.


Der Jogltisch, wurde ursprünglich im Joglland, in der waldreichen gebirgigen Gegend der nördlichen Steiermark gebaut. Bereits in der Mitte des letzten Jahrtausends wurde dieses Möbel von einem Mönch des Augustiner-Chorherrenstiftes Vorau erstmals geschichtlich erwähnt.
In der bäuerlichen Familie stellte er den Mittelpunkt des sozialen Lebensraumes dar. An ihm wurde nicht nur dreimal am Tag gegessen, Feste gefeiert und auch getrauert, sondern es wurden auch Verträge abgeschlossen. Viele bäuerliche Familien hatten damals oft keine Schränke oder Kästen und deshalb wurden wichtige Dokumente und Gegenstände stets unter der verrückbaren Tischplatte verwahrt.
Der österreichischen Schriftstellers Peter Rosegger (1843-1918) schildert in seinem Buch "Das Haus" eine Szene am Jogltisch:
„Der Nachbar saß am Tisch, schnitt sich aber nichts vom Brot und wollte von einem gütlichen Vergleich nichts wissen. Da stemmte sich mein Vater an die Tischplatte, diese gab nach und schob sich über das darunter liegende Fach hinweg. Nun zog mein Vater aus den vielen sorglich zusammengebundenen Papieren, die im Gelasse waren, ein Blatt hervor und sagte ‚Wirst eh selber drauf unterschrieben sein‘ und legte es dem Nachbarn vor. Dieser studierte das Schriftstück kurz und zog kleinlaut von dannen. Mein Vater schob die wuchtige Ahornplatte wieder zurück und von dem Tag an wusste ich, wo das Urkundenarchiv des Hauses war.“
Zit.: Peter Roseggger "Das Haus".

Zuschlag: 800 €

569 - Frühjahrsauktion 2022
02. April 2022 um 10:00